Überstellung ins Heim: Ursachen der Heimeinweisung

Ausnahmslos alle ZeitzeugInnen, die in ein Heim überstellt wurden, stammten aus armen Familien.

Viele kamen außerehelich zur Welt, bei manchen spielte die Scheidung der Eltern eine Rolle, eine Betroffene war Waise. Frauen der unteren Klasse mit unehelich geborenen Kindern standen unter dem Generalverdacht schlechte Mütter zu sein. Die Jugendämter übten deshalb von Geburt an die Vormundschaft aus.

Kinder jenischer Familien wurden in großer Zahl in die Kinder- und Erziehungsheime gebracht, ebenso Opfer sexualisierter Gewalt. Die Flucht aus einem Heim konnte die Einweisung in ein noch härteres Heim zur Folge haben.

Vernachlässigung durch die Eltern und Alkoholismus oder psychische Schwierigkeiten in der Herkunftsfamilie waren häufige Problemfelder, bei vielen spielten die desolaten Wohnverhältnisse eine Rolle. Da sich die Kindheit armer Kinder weitaus mehr auf der Straße abspielte als in bürgerlichen Familien, standen diese von vorneherein unter scharfer Beobachtung der Jugendämter.

Eigentumsdelikte von Kindern und Jugendlichen aus unterprivilegierten Familien wurden besonders häufig mit einer Heimeinweisung geahndet. Zweifelten die Jugendämter die Arbeitswilligkeit Jugendlicher aus armen Familien an, sollten sie mit Hilfe der Zwangserziehung im Heim zu einem arbeitsamen, brauchbaren Subjekt geformt werden.

Der Ruf nach einer Überstellung ins Heim kam aus der Mitte der Gesellschaft – zum Schutz der bürgerlichen Familie und der „braven“ Kinder. Treibende Kraft war häufig die Schule.

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