14 Frauen und Männer erzählen über ihre Kindheit und Jugend, die sie zwischen Anfang der 1950er und Ende der 1980er Jahre auf Pflegeplätzen, in Kinderheimen und Erziehungsanstalten verbrachten. Sie berichten über die Auswirkungen dieser Form der Fremdbetreuung auf ihren weiteren Werdegang und ihr Ringen um ein Leben in Würde und Respekt.

In staatlichen und kirchlichen Heimen waren Kinder und Jugendliche aus armen Familien Objekte der Gewalt. Es geht um Praktiken des systematischen Quälens, Schlagens und der Erniedrigung, die in anerkannten Institutionen der Fremdunterbringung in der Zweiten Republik bis in die 1980er Jahre ausgeführt wurden.

Die Gewalt vollzog sich in den alltäglichen Abläufen, vor den Augen anderer Kinder und vieler Erzieherinnen und Erzieher, auf Auftrag und Duldung durch weltliche und geistliche Autoritäten, unter Mittäterschaft, Schweigen und Hilflosigkeit von Fürsorgerinnen, Psychiatrie und Politik, mit gesellschaftlicher Billigung und vielfach sogar Anerkennung.

Viele der Geschädigten sind bereits aus den unterschiedlichsten Gründen verstorben, andere sind psychisch und physisch nicht mehr imstande, im eigenen Interesse aktiv zu werden. Und ein großer Teil möchte nicht, dass bekannt wird, dass sie einmal Heimkinder waren. Aus Furcht vor der Reaktion am Arbeitsplatz, im Bekanntenkreis und selbst in der eigenen Familie, wo oft nicht einmal die Partnerin oder die Kinder Bescheid wissen.

Die ehemaligen Heimkinder waren einer dreifachen Traumatisierung ausgesetzt: zunächst durch eine massive Vernachlässigung oder Trennung von ihren Bezugspersonen, dann durch ihre Einweisung auf einen Pflegeplatz oder ins Heim und schließlich durch das Ausbleiben ausreichender Hilfe und Anerkennung des erfahrenen Leides nach dem Heimaufenthalt. So hinderten die Nachwirkungen der Traumatisierung und die Ignoranz von Politik und Gesellschaft jahrzehntelang am Sprechen.

Horst Schreiber, _erinnern.at_, gestaltete mit Christian Kuen, zzapp.tv, auf der Grundlage von 14 Interviews ebenso viele Portraits und 18 thematische Zugänge zur Problematik der Heimerziehung und ihren Folgen.

Sendung von Radio Freirad, 9.1.2015 über "Jetzt reden Wir!"